Mirza Schaffy
Der Weise von Gjändsha
Friedrich (Martin) von Bodenstedt
Auf seinen Reisen kam Friedrich von Bodenstedt auch nach Tiflis. Dort lernte er den "Weisen von Gjändsha" kennen, der sein Sprachlehrer wurde.
Wer Mirza Schaffy war
Mirza Schaffy lebte vor etwa 150 Jahren in Tiflis am Südhang des Kaukasus. Es konnte lesen und schreiben - was damals immerhin als etwas Besonderes galt. Nach dem Ort seiner Ausbildung benannte er sich selbst anspruchsvoll als der "Weise von Gjändsha", war im Koran bewandert und lehrte an den höheren Schulen der Stadt Tiflis.
Friedrich von Bodenstedt, der uneigentliche Mirza Schaffy
Längst wäre die Erinnerung an den tatsächlichen Mirza Schaffy verblasst, wenn nicht eines Tages ein junger Mann aus dem fernen Deutschland seinen Weg gekreuzt hätte. Es war der 23jährige Friedrich Bodenstedt aus dem profanen Ackerbauerstädtchen Peine an der Fuhse, den es auf seiner Moskau-Reise nach Tiflis verschlagen hatte.
Das junge Sprachgenie
Der junge Bodenstedt muss ein Sprachgenie gewesen sein, denn er hatte ein sehr spezielles Interesse an Volksdichtungen. Dichtungen aus den unterschiedlichsten Sprachen hat er einfühlsam ins Deutsche übersetzt, mit sehr viel künstlerischem Empfinden und einem untrüglichen Sinn für die sprachliche Form. Um das Tatarische und wohl auch Arabisch und Persisch zu lernen, bat Bodenstedt also Mirza Schaffy, sein Sprachlehrer zu werden. Aus dieser Zusammenarbeit ergab sich aber für Bodenstedt sehr viel mehr - nämlich der unmittelbare Kontakt mit orientalischer Sitte, orientalischem Lebensstil und der dementsprechenden dichterischen Verklärung des Alltags.
Die unbekannte Welt
Mit allen Sinnen seines jugendlichen Künstlertums saugte er gleichsam diese reizvolle unbekannte Welt in sich auf. Als er viele Jahre später in Wien seinen Freunden von diesen Erlebnissen erzählte, wurde der Gedanke geboren, sie literarisch zu verwerten. Es entstand Bodenstedts bekanntestes Werk "Tausend und ein Tag im Orient".
Das Leitbild
Aus der zeitlichen und räumlichen Distanz heraus - Bodenstedt hatte sein Tagebuch geführt - gestaltete er nun einen Mirza Schaffy, der den wirklichen idealisierte und erhöhte, ihn gewissermaßen zu einem Leitbild machte von dem, was Bodenstedt im Orient gefunden hatte.
Das Geistesgut
Die Lieder, der er Mirza Schaffy in den Mund legt, sind mit Sicherheit Bodenstedtsches Geistesgut und gerade diese Lieder waren es, die des Verfasser mit einem Schlage in Deutschland und darüber hinaus berühmt machten. Die "Lieder des Mirza Schaffy", ursprünglich ein Auszug aus der oben erwähnten Reisebeschreibung, wurden erweitert, ergänzt, in viele Sprachen übersetzt und von vielen Komponisten vertont.
Der uneigentliche Mirza Schaffy
Mirza Schaffy war damals in aller Munde - gemeint war aber eben nicht besagter Weise von Gjädsha, sondern der Sänger der Lieder - nämlich Bodenstedt. Und so ist Bodenstedt, der uneigentliche Mirza Schaffy, eben doch der eigentliche. Im Freundeskreis belegte man ihn mit dem Spitznamen "Mirza Schaffy", ebenso bei den Münchener "Krokodilen". Und wie freute es ihn, wenn er auch an seinem Alterssitz, dem profanen Wiesbaden, so genannt wurde.
Erkoren zum Ehrenschlaraffen - ES Mirza Schaffy - lebendig und gegenwärtig
Als das Reych Castellum Peinense Bodenstedt zum Ehrenschlaraffen "Mirza Schaffy" erkor, wurde das mehr als ein einfach angehängter Name. "Mirza Schaffys" Andenken ist im Kreise der Schlaraffen lebendig und gegenwärtig. Bodenstedt ist eben "Mirza Schaffy" (der eigentlich uneigentliche...)